Dienstag, 22. November 2011

Fringe so far: Season 4

Zur winterlichen Unterbrechung der vierten Fringe-Staffel hier eine gesammelte Zweitverwertung meiner aus dem Handgelenk geschüttelten Episodenbesprechungen - Spoiler!

4.01

Zwiegespalten, so mein Eindruck nach dem Auftakt dieser vierten Staffel. Nach dem arg enttäuschenden weil "feigen" Ende der Season 3 war ich sehr gespannt, wie's weitergeht. Peter hatte dort eine Brücke zwischen beiden Universen mithilfe der obskuren Maschine erschaffen, um die Vernichtung der beiden Universen zu verhindern. Dabei wurde er aber aus der Zeitlinie getilgt und somit die Vergangenheit verändert. Mit anderen Worten: Alles, was wir in den zurückliegenden Jahren sahen, war offenbar nie so passiert.

Zu Beginn tauschen nun Olivia und Fauxlivia Akten aus und dissen sich gegenseitig - ein schwacher Ersatz für das episches Aufeinandertreffen der beiden, was ich als Finale der dritten Staffel vergeblich erwartet hatte. Derweil jagen "John Sheppard" (Stargate Atlantis) und sein Partner Agent Lee AKA Nerdlee einen Verdächtigen, der am Ende "Sheppard" killt, ihn dabei aber merkwürdig zurichtet. Olivia übernimmt den Fall und macht gegenüber Nerdlee auf Geheimniskrämer (sie kennen sich aufgrund der veränderten Realität nicht mehr). Deswegen schnüffelt er ihr nach und wird schlussendlich ins Fringe-Team aufgenommen. Wir sehen zudem, dass es von Peter noch geisterhafte Erscheinungen gibt, die Walter ängstlich wahrnimmt. Die Beobachter wissen davon auch und beauftragen den Beobachter, der einst alles durch sein Eingreifen ins Rollen brachte, dies zu beheben. Am Ende scheint es aber, dass Walter aus der Zeit entfernt werden sollte (mit einer Maschine, die größtenteils mit gebrauchtem Elektroschrott aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zusammengebaut wurde) - der Beobachter entscheidet sich jedoch dagegen... Oder war doch Peter das Ziel?

Olivia und Nerdlee jagen derweil den Schuft mit der durchsichtigen Haut; Astrid scheint nun auch einen aktiveren Part zu übernehmen, denn sie läuft mit Headcam am Tatort herum, während Walter aber im Labor bleibt und ihr von dort Anweisungen gibt. Schlussendlich sind es mehrere Baddies, Olivia lässt sich dümmlich überrumpeln, Cordial Deconstruction dazu:
«How much closer was Olivia going to get to that suspect before she insisted he turn around, get on his knees, put his hands on his head and interlock his fingers, close enough for him to head butt her? One episode into the retcon and she's already been disarmed and nearly killed due to incompetence.»
Am Ende aber werden die Bösen erschossen - aber nicht alle wurden entdeckt... Walter erklärt: Dies ist eine neue Art von Formwandlern, nämlich Menschen mit biomechanischen Implantaten (die ursprünglichen, künstlichen Shapeshifter arbeiteten ja im Auftrag Walternates)! Woher kommen sie, was wollen sie?

Nebenher geht es um Verlust und Einsamkeit, was in mehreren Dialogen zum Ausdruck gebracht wird. Indirekt und ohne ihr Wissen reden die Charaktere so auch über das Fehlen von Peter. Und irgendwie habe ich beim Anschauen der Folge auch eine Unvollständigkeit gefühlt. Ansonsten abwarten, wohin es geht. Die Beobachter mag ich ja nicht besonders, scheinen aber deutlich an Bedeutung zu gewinnen. Vom alternativen Universum sah man bis auf Fauxlivia nichts. Nerdlee als Mitglied des Teams ist ungewohnt, zumal er mir immer als etwas unrealistische Version des alternativen Badass-Lee vorkam.

Ein paar Kontinuitätsfragen von Cordial Deconstruction:
  • Did Peter truly never exist at all, or did he die as a child in both universes?
  • If Peter never existed at all, why did Walter start all of this if not to travel to the other universe to save Peter?
  • What happened to Walter's wife in this universe's new continuity?
  • How were the machines operated without a Peter or a Peter DNA source?
Polite Dissent bilanziert: "A fairly slow episode, but it was clearly designed to introduce the new status quo and stir up some plot elements for later in the season." Vladislav "Vladi" Tinchev bei Serienjunkies hält sich mit konkreten Aussagen/Meinungen eher zurück (wie auch ich), wirft dafür eine Menge offener Fragen in den Raum. Natürlich findet er's gut (= 4,5/5), dass es jetzt so viele Fragen gibt...

4.02

Kritisierte ich in der letzten Episode noch die ziemliche Abwesenheit des alternativen Universums, gibt's jetzt erfreulicherweise eine Crossover-Ermittlung:

Um einen Serienmörder zu fangen, bittet Fauxlivia das FBI um Mithilfe - "unser" Gegenstück des Verbrechers soll von Olivia in die andere Welt gebracht werden und dort der Fringe Division als Profiler helfen. Durch einen unglücklichen Zufall erfährt er von den beiden Universen und glaubt, seinem kriminellen Spiegel-Ich helfen zu können, und haut deshalb ab. Denn auch er hat dunkle Gewaltphantasien, die er jedoch aufgrund einer schicksalshaften Bekanntschaft zu beherrschen lernte. Der Killer lässt sich schlussendlich aber nicht überzeugen und schließt ihn an seine Maschine an, um die glücklichsten Momente zu "stehlen". Unter der Erfahrung, dass er hätte glücklich bzw. nicht kriminell werden können, erschießt er sich, während "unser" Gegenstück überlebt, aber die Erinnerung an die Person verliert, die ihn vor der inneren Dunkelheit einst rettete. Jedoch scheinen die positiven Auswirkungen dieser Person geblieben, Broyles redet von einem unauslöschlichen Eindruck in der Seele. Dies widerfährt in gewisser Weise auch Walter, nur leider mit negativen Folgen: Peters Erscheinungen setzt seiner geistigen Gesundheit stark zu...

Sehr schön anzusehen war das Zusammenspiel von Olivia und Fauxlivia, wie sie sich gegenseitig beobachten und abtasten, auch wie Olivia der Arbeit der Fringe Devision beiwohnt. Das Schauspiel des Serienmörders und Hobby-Profilers war auch meist sehr gut und intensiv, während Anna Torv als Fauxlivia manchmal etwas zu sehr agierte, so als ob sie befürchtete, der Zuschauer würde sonst nicht die Unterschiede ihrer beiden zeitgleich auftretenden Figuren erkennen. Walter ist ein ziemliches Häufchen Elend und hatte nichts zu melden; über Walternate wissen wir noch nichts. Wie immer hatten Fringe-Fall (der leider insg. wenig überraschend verlief; übrigens spielte die Plausibilität der Gedankenmaschine keinerlei Rolle) und die Charakterbeziehungen Gemeinsamkeiten: Wie unterschiedlich sind Original und Spiegelbild (Vladi-Style-Beobachtung: Peter erscheint Walter vor allem als Spiegelung), welche Auswirkungen kann die Interaktion beider haben? Wobei dies ja in der Serie schon beantwortet wurde: Walter initierte die Vernichtung beider Welten und nur die Zusammenarbeit verspricht aktuell Rettung. Von Fortschritten bei der Rettung der Welten ist nix zu hören, dafür glänzen die Beobachter auch durch Abwesenheit. Nerdlee, laut Werbemotiven neue Hauptfigur, war ebenfalls nur eine Randerscheinung, gefiel mir in seinen paar Minuten aber besser als letzte Folge; gegen Team Badass aus dem anderen Universum hat er aber keine Chance.

Alles in allem besser als letzte Episode, aber die Marschrichtung der neuen Staffel ist immer noch nicht klar. Und auf Dauer dürfte sich das unterhaltsame Zweckbündnis zwischen FBI und badassy Fringe Division auch abnutzen - also quo vadis, Fringe ? Inovativere Fälle wären ein kleiner Anfang, Peter zurückbringen ein großer Schritt (was auch immer dies an der jetzigen Realität ändern würde...). Es wäre zwar durchaus interessant, seine Abwesenheit kreativ zu nutzen, aber ich habe das latente Gefühl, dass die Serie einen kleinen Neustart gemacht hat, um alten Wein in neuen Schläuchen zu präsentieren. Bin gespannt, ob ein neuer Oberschurke eingeführt wird; die neuen Shapeshifter könnten ein Hinweis sein.

Cordial Deconstruction und Polite Dissent beschäftigen sich mit ein paar holprigen Aktionen der Fringe Division und welche Dinge sich nach der "Peter-Brücke" (Vladi) verändert haben oder gleichblieben. Dabei wurde ich wieder an das Baby von Fauxlivia und Peter erinnert, dass ja nun leider auch aus der Realität getilgt wurde (nicht, dass mir das Baby wichtig gewesen wäre, aber es hätte das Dreieck Olivia-Peter-Fauxlivia schön erschüttert). Vladi zückt schon wieder Höchstwertungen (5/5), erfreut sich an Unklarheiten und empfindet Nerdlee als definitiven Zugewinn.

PS: Ich musste bei dem Fringe-Fall ganz stark an Dexter denken, seinen steten dunklen Begleiter und wie er - im Gegensatz zu seinem Bruder - durch moralische Stützen wie seinen Adoptivvater eben nicht der Dunkelheit anheim fiel.

4.03

Ein Pilz tötet zwei Jungen auf seltsame Flesh-Eater-Art (allererste Fringe-Folge!), aber ein dritter bleibt verschont. Das Fringe-Team des FBI findet heraus, dass der Überlebender in psychischer Verbindung mit dem Pilz steht, der sich schnell weiterentwickelt und ausbreitet. Schließlich erkennt Walter, dass die Emotionen des Jungen das Verhalten des Pilzes bestimmen - nicht umgekehrt. Walter überzeugt ihn, die Verbindung aufzulösen (!), wonach die Pilzlebensform stirbt, auch weil mittlerweile ein Gift von Massive Dynamics freigelassen wurde.

Kurz und schmerzlos, der Inhalt, denn viele Schlenker erlaubt sich dieser Fall nicht. Geschichten um riesige, quasi-intelligente Pilze sind nichts Neues; spontan fiel mir eine Akte X -Folge ein, ein schlechter B-Film und der Pilz unter dem Malheur National Forest. Recht schnell tritt der Pilz aber in den Hintergrund, denn im Fokus steht die Beziehung zwischen Walter - der zunehmend unter den Visionen von Peter leidet - und dem Jungen, den er schließlich als Ersatzsohn betrachet. Und als dessen Leben in Gefahr ist, droht Walter den Verlust seines leiblichen Sohns Peter erneut zu erleben. Somit ist auch endgültig klar, wie Peter aus den Universen getilgt wurde: Nachdem Walter den anderen Peter entführte, wurde dieser nicht vom Beobachter gerettet, sondern ertrank im See. Ab da unterscheiden sich die Zeitlinien.

Zum Abschluss eine harte Szene, in der sich Walter selbst lobotomisieren will, um die vermeindlichen Wahnvorstellungen loszuwerden. Olivia hält ihn gerade noch rechtzeitig auf und offenbart ihm, dass ihr Peter (den beide ja nicht kennen) seit geraumer Zeit im Traum erscheint... Olivia war übrigens in der ersten Episodenhälfte 'ne ziemlich taffe Braut (Flammenwerfer :-), danach casual drauf. Und ungeahnte Dämlichkeiten: Beim ersten Zusammentreffen mit dem tödliche Sporen ausstoßenden Pilz stecken alle in Schutzanzügen, danach einfach nicht mehr!? Cordial Deconstruction merkt zudem an, dass man schon bei der allerersten Begehung des Sterbeorts der Jungen entsprechende Maßnahmen hätte ergreifen sollen; der Pilz war zwar noch unentdeckt, aber die Todesart der Jungs mysteriös. Oder anders gesagt:
«It's unbelievable the amount of caution our Fringe team constantly didn't take when working around the fungi. If these people are half of all that stands between two universes and certain doom, the alterverse's team will need to carry the full burden of saving everything by themselves"»
Daran stört sich auch Polite Dissent, während Vladi wieder viele Details bemerkt und bilanziert (4/5):
«Zwar kommt die Episode mit diesen vielen Fragen nicht weiter, und Welt-2 bleibt außen vor - aber „Fringe“ hat eine Verbindung zum limbischen System seiner Fans etabliert, die die Serie zur Herzensangelegenheit macht und gelegentliche Unzulänglichkeiten nichtig erscheinen lässt...»
Ah ja... Alles in allem eine durchschnittliche Folge; der Fall der Woche war zwar nicht so durchschaubar wie letztes Mal, dafür aber grundsätzlich klischeehaft. Immerhin sind jetzt Olivia und Walter auf der Suche nach dem ihnen erscheinenden Peter.

4.04

Eine elektromagnetische und die Zeit beeinflussende Erscheinung verfolgt Olivia - mein erster Gedanke: Das ist Peter, der sich wie Dr. Manhattan aus Watchmen langsam manifestiert. Walter erinnert sich dagegen an ein Cortexiphan-Kid, das astrale Projektion beherrschte: Cameron James (really?!). Olivia und Walter, der dafür zum ersten Mal seit drei Jahren sein Labor verlässt, suchen ihn daraufhin. Im Hotel hat Walter einen etwas überzeichneten Wutanfall bzw. Nervenzusammebruch, danach gibt es aber einige sehr schöne Szenen zwischen ihm und Olivia. Schlussendlich versuchen sie, die Erscheinung mit James' noch vorhandenen Fähigkeiten zu zerstören. James vermutet noch, Olivia könnte alles unbewusst als Spätfolge ihrer Cortexiphan-Behandlungen selbst auslösen (womit ich nicht gerechnet hätte). Aber dann nimmt die Energie auch schon Peters Gestalt an, während James versucht sie zu zerstören. Olivia unterbricht James' Anstrengungen, im gleichen Augenblick taucht Peter aus dem See auf, in dem er als Kind ertrank. Er kann sich scheinbar an alles erinnern, auch an Oliva. Aber niemand kennt ihn...

Okay, so wird also Peter zurück in die Serie geholt. Wenn da nicht noch etwas mehr erklärt wird, ist das recht dürftig und zufällig (oder gerade schicksalhaft?). Außerdem dachte ich, seine Weiterexistenz wäre eine Art kosmischer Fehler, aber trotzdem konnte ein oller Beobachter bei seiner "Geburt" im See anwesend sein. Ebenso lahm: Die Cortexiphan-Kinderexperimente wurden in früheren Episoden schon ausführlich behandelt; in der neuen Zeitlinie werden sie jetzt erstmals aufgerollt. Es riecht halt vieles nach Neuerzählung und wenn nun niemand Peter kennt, kann man sich auch an die Entfremdung damals zwischen Olivia und Peter nach Fauxlivia erinnert fühlen... Da nützen die wie erwähnt schönen Olivia-Walter-Szenen wenig, aus denen auch klar wird, dass das Verhältnis der beiden nie so tief war wie in der originalen Zeitlinie. Apropos Olivia: Dezente Aggro-Überreaktion bei der Befragung von Cameron James und zweimaliger Einbruch ihrerseits.

Cordial Deconstruction wundert sich u.a. noch über Olivias leichtsinningen Schusswaffeneinsatz. Polite Dissent sammelt weitere Unsinnigkeiten, listet aber auch die neu erfahrenen Unterschiede zwischen der alten und neuen ("NüFringe") Zeitlinie auf; Peters Rückkehr gefällt: "A fairly shallow episode, plot-wise, but I enjoyed the new Cortexiphan revelations and the return of Peter - in an almost logical manner, at least from a Fringe point of view". Vladi beschäftigt sich noch einmal mit der letzten Episode, steht auf emotionale statt rationale Erklärungsansätze und ist schlussendlich von seinem eigenen Review (4,5/5) verwirrt.

4.05

Peter ist seit letzter Episode zurück, aber da ihn niemand erkennt, wird er eingesperrt; ein erstes Gespräch mit Walter verläuft nicht gut. Gleichzeitig taucht die entkommene Gestaldwandlerin aus 4.01 auf, die einen Wissenschaftler jagt. Auf dessen Arbeiten beruhe die neue Generation von nun menschlichen Shapeshiftern und sein Wissen werde benötigt, um "Designfehler" auszubessern (warum erst jetzt?). Das FBI kommt nicht weiter, aber wie gut, dass Peter in seiner Zelle nebenan die Elektronik zu einer Gegensprachanlage umgebastelt hat (!) und so seine Hilfe anbietet. Da das FBI seit Wochen bei den Speicherplatten aus den Gestaltwandlern keine Fortschritte gemacht hat, gehen sie auf Peters Angebot ein. Da er ja früher schon die Platten gehackt hat, geht das jetzt in Nullkommanichts. Aus den Daten erkennt er, dass diese neuen Shapeshifter beliebig viele Menschen bis hinunter zur DNS nachbilden können. Und dass alle einen Peilsender drin haben, wie praktisch - "I think whoever's in charge wants to keep an eye on his agents. [...] But whoever's monitoring that network, they're going to know that I breached it". So wird die Gestaltwandlerin geortet, die gerade die Arbeiten des entführten Wissenschaftlers überwacht.

Das FBI handelt nun wie öfters in Fringe, nämlich fahrlässig. Aus den ersten Begegnungen mit den Shapeshiftern sollte man gelernt haben, dass die nicht ohne sind. Trotzdem stürmt man den Unterschlupf nur mit leichtbewaffneten Zweierteams. Ebenso unverständlich: Der Wissenschaftler nutzt diese Ablenkung nicht, um das von ihm hergestellte Heilserum zu vernichten. So entkommt natürlich der Feind samt Serum übers Dach. Dort liegen ausgeschaltete FBI-Agenten herum, erster Gedanke: Sie ist einer von denen. Alle haben jedoch noch ihren Anzug samt Schutzweste an - haha, am Ende war sie es abertrotzdem, obwohl die Zeit eigentlich nicht zum Umziehen gereicht hat! Cordial Deconstruction dazu:
«How stupid is Olivia? I mean, she's encountered shape shifters before, and she fell for the same trick again! Did anyone watching not know the wounded agent was likely the shifter right away? Anytime a hostile shape shifter leaves your sight, assume the next person you encounter is that same shape shifter! I weep for the safety of our universe.»
Polite Dissent drückt es so aus:
«Olivia is smart enough to spot a smudge of grease under a victim's fingernails, but not enough of a detective to see through the shapeshifter's clumsy masquerade as Agent Warrick?»
Schlussendlich sehen wir die Gestaltwandlerin, wie sie mit einer alten Schreibmaschine den Erfolg ihrer Mission übermittelt (jetzt ohne Spiegel), Antwort: "We're sending the others". Also sitzen die eigentlichen Auftraggeber nicht in unserem, sondern dem anderen Universum? Wer spielt hier falsch und warum? Walter weigert sich derweil, sich Peter zu öffnen - nachvollziehbar, aber dahingehend nervig, dass die Serie so weiterhin auf der Stelle tritt. Wie schon erwähnt, ist fast alles eine Neuerzählung bereits in der Serie behandelter Geschichten. Serienjunkies widmet sich dieser Kritik nur indirekt, indem gefragt wird, ob die Serie nicht Gefahr laufe, "Emotionen und Handlungen einfach zu wiederholen, zu kopieren, die Figuren denselben Weg gehen zu lassen, den wir sie schon einmal gehen sahen?" Das ist doch längst der Fall! Ansonsten weist Vladi noch daraufhin, dass die Beobachter in NüFringe unbekannt sind und stellt wie bekannt psychologisch-philosophische Überlegungen an (und gibt 4,5/5).

Polite Dissent bilanziert: "This episode didn't do much for me, from the clumsy understandings of genetics to the worthlessness of Olivia's vaunted detective skills." Ich fand die Folge zumindest recht unterhaltsam wegen Peter und weil wir ein paar mehr Hintergrundinfos erfahren (z.B. scheint das FBI bereits unterwandert). Fringe kann und muss aber mehr.

4.06

Zeitphänomene treten plötzlich auf und es wird vermutet, dass Peter, der vor nun drei Tagen zurückehrte und keine Erinnungen an seine Phase der Quasi-Nichtexistenz hat, der Grund sei. Schlussendlich kommt aber heraus, dass ein Eheman auf Basis der unvollständigen Forschungen seiner Frau eine Zeitmaschine baute, um mit ihr zusammen sein zu können, bevor sie an Alzheimzer erkrankte. Die Maschine wird schließlich abgeschaltet, Peter hatte großen Anteil an der Lösung des Falles und darf sich nun freier bewegen. Peter realisiert aber auch, dass die Zeitmaschine erst plötzlich funktionierte, als er auftauchte und er nun irgendwie seine eigene Zeitlinie finden müsse...

Eine Episode nach dem bekannten Muster der Gegenspieler, die Falsches aus den richtigen Gründen tun - hier weiß der Ehemann nicht einmal etwas von den Folgen. Zeitreisen mag ich ja nicht besonders gerne, außerdem gab es in der zweiten Staffel schon einmal eine ähnliche Episode. Dass Peter nun für mögliche gefährliche und realitätsbeugende Phänomene verantwortlich sein könnte, wurde seinerzeit bereits mit den Rissen zwischen den beiden Welten ausgelöst durch Walters Reise in das andere Universum thematisiert. Interessant fand ich, wie locker aus der Hand die goldene Spirale auf die Karten gemalt wurde - Genies at Work. Und das Anti-Zeit-Koppeltragegeschirr mit Stecker im Nacken (aua!) hatte nun nichts mit einem Faraday-Käfig zu tun, wie auch Cordial Deconstruction bemerkt. Serienjunkies erwähnt die frühere Zeitreisefolge und beschäftigt sich mit Peter als isoliertem Subjekt in einer fremden und doch vertrauten Welt: "Die emotionsgeladene Atmosphäre, den Schmerz des Verlusts kreiert die Serie hier mit Hilfe von Peters stiller Gelassenheit - und mit Hilfe des Falls der Woche [...]" - das empfinde ich aber etwas als Vladi'sche Zurechtbiegerei (Wertung auch 5/5).

Eine schlicht unterhaltende Episode, wenn man mit Zeitreisen klarkommt, emotional eher leicht (bezogen auf die Hauptfiguren - Annäherung von Walter und Peter angedeutet?). Polite Dissent sieht es ähnlich: "A somewhat cliched story, but an enjoyable hour nonetheless [...]." Jetzt sollte Fringe aber endlich stärker den großen Handlungsbogen vorantreiben und wenn's geht ohne dauernde Rückgriffe auf altbekannte Motive!

4.07

Diese Folge ist an sich sehr simpel und schnörkellos: Ein Mann ist aufgrund eines Genfehlers und anschließender Experiemente an ihm unsichtbar, dadurch erst überlebensfähig. Nun klaut er anderen Menschen irgendwie deren Pigmente, um damit endlich sichtbar zu werden und ein normales soziales Leben zu führen; seine Opfer sterben und erbleichen - die altbekannte Geisterthematik. Am Ende hat er das gewünschte Erlebnis (mit der bitteren Note, dass er es schon länger hätte haben können) und stirbt anschließend, alleine. Also wieder das Falsche aus den richtigen Gründen. Olivia benimmt sich übrigens wieder bekannt dämlich, trennt sich ohne Grund von der FBI-Truppe und gerät prompt in Lebensgefahr (Cordial Deconstruction: "Is anybody keeping count of how many times Olivia has lost or carelessly discharged her firearm over the years?").

Peter beginnt eine Maschine zu planen, die ihn in seine Zeitlinie zurückbringen soll. Da stellt sich mir die Frage: Existieren wirklich noch andere Timelines nebeneinander? Damit wäre man ja bei der Theorie der unendlichen Paralleluniversen und Fringe bestand bisher ja aus nur zwei (nicht wirklich) spiegelbildlichen Universen, d.h. Peter könnte dann auch nicht in seine Zeitlinie reisen, sondern nur die aktuelle wieder zurücksetzen. Cordial Deconstruction fragt noch:
«Broyles won't even let Peter walk around in public without an armed escort to limit his interaction with other people. Does Peter really think they will let him play around with the big, scary machine built to destroy universes?»
Ansonsten hat Peter sich anscheinend mit seinem Schicksal abgefunden, ist locker über Olivia hinweg und gibt Nerdlee quasi die Erlaubnis, sich an sie ranzumachen. Und schenkt ihm dazu gleich eine weniger auffällige Brille. Soll hier einfach der Lover ausgetauscht werden?

Interessanter fand ich, dass Olivia durch Nerdlee auf den täglichen Wahnsinn in der Fringe-Abteilung aufmerksam gemacht wird. Astrid gesteht ihr freimütig, dass ohne Besuche beim Psychotherapeuten ihr Kopf schon vor langer Zeit explodiert wäre, und fragt, mit wem denn Olivia rede. Unsicher lächelnd meint sie: "No one, I'm starting to think that that's weird." Sie offenbart sich mit ihren Sorgen auch Nina Sharp und fragt, ob die Cortexiphan-Versuche in ihrer Kindheit irgendwie ihre Emotionen beeinträchtigt haben könnten. Nina beruhigt sie, alles sei normal. Doch dann der dezente WTF-Moment: Am Folgenende macht sich Olivia bereit für ein Treffen/Date mit Nerdlee, als sie von Gas betäubt wird, Männer in ihre Wohnung eindringen und ihr Cortexiphan injizieren; videoüberwacht wird sie auch und am Ende sehen wir Nina Sharp die Tür schließen! Wenn sie aufwacht, werde sie nur schlimme Kopfschmerzen haben - so wie Olivia sie schon zu Beginn der Episode hatte...! Vladislav Tinchev bei Serienjunkies fragt deshalb, "ob Nina Olivia deswegen adoptierte, um das Experiment fortzusetzen - und falls ja, zu welchem Zweck?"

Eine - laut Vladi melancholische - Episode in bekannter Art, die lange Zeit eher vorbeiplätschert, aber nicht unbedingt langweilt, dafür die wirklich interessanten Dinge auch nur streift. Ich hoffe nicht, dass die Peter- und damit die eigentlich zentrale Handlung der Serie ausgebremst wird für die nichtsdestrotrotz hochspannende neue Nina-Sharp-Cortexiphan-Bitch-Geschichte (die natürlich etwas von ihrer Wucht einbüßt, weil es halt "nur" die alternative Zeitlinie ist). Polite Dissent stört sich wie auch Cordial Deconstruction an dem (un-)wissenschaftlichen Unterbau der Folge - nichts ungewöhnliches in dieser Staffel -, stellt zudem fest, dass das Fringe-Team eigentlich nichts erreichte, und bilanziert: "A disappointing episode of Fringe. The writing was choppy and the science sloppy; it felt only half finished." Und Interpretationskünstler Vladi haut zusammen mit der Höchstwertung (5/5) auch noch was ganz Großes raus:
«Kommentiert nicht „Fringe“ das eigene Schicksal, von so vielen Zuschauern nicht registriert zu werden - missverstanden, isoliert in seinem Anderssein innerhalb der Drama-Landschaft der Networks?»
Ohne Worte! Mitte Januar 2012 geht's weiter, hoffentlich mit einem Qualitätsanstieg.

Sonntag, 20. November 2011

Call of Duty: Modern Warfare 3

Die spannendste Frage bezüglich der Call of Duty-Reihe dürfte lauten: Wie erfolgreich kann sie noch werden, wenn zuletzt jeder neue Titel bestehende Verkaufsrekorde überflügelte? Von Modern Warfare 3 wurden allein in den USA und UK über 6,5 Mio. Exemplare in den ersten 24 Stunden verkauft! Die Spiele sind also Selbstläufer, Tests daher kaum von Bedeutung. Bei MW3 lag die Sache jedoch zumindest ein wenig anders, denn im Streit mit Hersteller Activision verließ eine Menge bedeutender Leute das Entwicklerstudio Infinity Ward und es war nicht klar, inwiefern dies Auswirkungen auf die Qualität des Spieles haben würde. Die Wertungen der Spielemagazine waren schließlich wieder sehr gut bis astronomisch, beschrieben aber oft überwiegend die Einzelspielerkampagne; für einen ausführlichen Test der zentralen Multiplayermodi blieb kaum Zeit - Embargos sei Dank. Auch ich hatte mich übrigens bei den Vorgängern Modern Warfare 2 und Black Ops - zumindest hier im Blog - nur mit dem Singleplayer beschäftigt, der in der Reihe gewöhnlich nur eine Spielzeit von 5-6 Stunden in Anspruch nimmt. Und deswegen kauft wohl kaum jemand ein Call of Duty, dafür braucht es kein Review, welches vielleicht noch alle Schauplätze und Überraschungen vorwegnimmt. Spielerisch abwechslungsreiche und taktisch fordernde Shooter sind die CoD-Titel nämlich nicht, sie definieren sich über ein weitgehend konkurrenzloses Actiondauerspektakel.

Um es kurz zu machen: Es gibt in der Kampagne eine Menge Over-the-Top-Momente, die mir ein dümmliches Grinsen ins Gesicht zauberten, und mehr internationale Handlungsorte als jemals zuvor inklusive halbgar getroffenem Deutschland. Die Geschichte ist verständlicher als in MW2, aber reicht nicht an die von BO heran (was nicht viel bedeuten mag). Besonders zu Beginn des Spiels sind die Abschnitte leider teils sehr kurz, später werden sie ausführlicher, das Spiel fährt dann aber auch den Nonstopbombast etwas zurück. Die Interaktivität ist stark eingeschränkt, die Levels sind beengt wie eh und je und der Spieler wird an die ganz kurze Leine genommen: Oft wird einem auf mehrere Arten gesagt, was nun genau zu tun sei. Immerhin scheinen die Skripte nicht mehr ganz so unflexibel zu sein, zumindest ist ein Einsatz nicht sofort gescheitert, wenn man sich wie noch bei Black Ops mehr als eine Handvoll Meter vom Team entfernt. Spielerisch aber trotzdem insgesamt eher ernüchternd, besonders wenn man jüngst Titel wie Bulletstorm, Crysis 2, Gears of War 3 oder auch Space Marine gespielt hat. Aber der permantene Krawall unterhält, in meinem Fall für knapp fünfeinhalb Stunden auf dem obligatorischen zweiten von vier Schwierigkeitsgraden (Kollege Damnlord brauchte eine Stunde länger auf dem dritten); damit dürfte MW3 nochmals kürzer als die bereits erwähnten Vorgänger sein.

Es wäre falsch zu behaupten, CoD hätte keine Abnutzungserscheinungen in unserer Spielrunde, einige legten sich stattdessen Battlefield 3 zu (mit dem BF-"Gunplay" kam ich leider nie wirklich klar). Den spät erworbenen Klassiker Call of Duty 4 spielte ich persönlich über 290 Stunden im Multiplayer, Modern Warfare 2 dann über 360 Stunden! Bei Black Ops waren es "nur" noch 180 Stunden; ich kaufte mir auch keine Mappacks dafür. BO galt gemeinhin als "MW2.5", das schlussendlich leider am Matchmaking und vor allem der Hitdetection (also dem Lag) litt. Als CoD-Fan hatte ich daher viele Detailfragen bezüglich MW3 sowie ausgehend von CoD4 und MW2 die Erwartung, dass die Lags kein Problem sein würden. Derartige Angaben fanden sich jedoch in kaum einem Review, was wieder die Testproblematik von Online-Spielen ins Gedächntnis ruft. Im Schnitt schrieben die Magazine - wenn überhaupt -, dass sie 10-15 Stunden im Multiplayer gespielt hätten, was nur bedingt für eine tiefgehende Analyse ausreicht.

Eine derartige Auseinandersetzung will ich hier auch nicht wagen, zumal sicher/hoffentlich noch einiges gepatcht wird, aber es zeigt sich schon, dass MW3 durch die Personalprobleme gelitten hat. Es ist immer noch CoD und damit auch gut, aber abgesehen von grafischem Copy&Paste schlampt das Spiel in zwei Punkten: Online-Performance und Komfort. Infinity Ward mithilfe von Sledgehammer u.a. hat quasi keine der sinnvollen Verbesserungen von Treyarchs Black Ops übernommen, stattdessen aber das Lag! Das bedeutet nicht, dass MW3 keinerlei Neuerungen bietet, im Gegenteil. Wahrscheinlich aufgrund der Konkurrenz durch das taktischer ausgerichtete Battlefield 3 hat man ingesamt gelungen daran geschraubt, die Bedeutung von Kills abzuschwächen. Spieler, die tatsächlich das Ziel eines objektbasierten Spielmodus wie "Herrschaft" verfolgen, werden endlich stärker belohnt, weil jede Aktion Punkte bringt, die für die nun als "Pointstreaks" bekannten Abschussserien zählen - hurra! Die pro Klassenslot festlegbaren Streaks inkl. drei grundverschiedener Systeme (Angriff, Unterstützung, Spezialist) wurden überall ausführlich beschrieben, unerwähnter blieben die jetzt in freier Reihenfolge abrufbaren Abschussserien.

Warum Infinity Ward aber gerade trotz dieser Neuausrichtung die Anzahl eroberter Flaggenpunkten in der Matchtabelle sowie die je nach verursachtem Schaden dynamische Bewertung eines "Assist"-Kills nicht aus Black Ops übernahm, ist absolut unverständlich! Der bei letzterem eingeführte Kinomodus wurde stark abgespeckt und damit beinahe unbrauchbar; die Replays sollen außerdem seitens des jeweiligen Hosts aufgenommen werden, d.h. eigene Nachteile durch Lags sind dann nicht sichtbar. Und: Man kann die Aufzeichnung ausschalten - was ich getan habe, also wahrscheinlich keine 72 Clips meinerseits... Ich hatte vermutet, dass BOs Hitdetection-Probleme mit der Replay- und Statistikaufzeichnung zu tun hatten. Anstatt das zu beheben, baut Infinity Ward also einen umständlichen Ausschalter ein. Und der dann nicht einmal viel bewirkt! Gemeinhin ist das Lag nicht so auffällig, aber sobald man sich hinter eine Ecke rettet und trotzdem stirbt, weil in der Killcam des Gegners man auf wundersame Weise noch nicht in Deckung ist, steigt der Frust. Ein schöner Indikator sind auch die Schrotflinten: Ohne erkennbare Unterschiede bei Entfernung und Trefferzone reicht manchmal ein Schuss aus der Hüfte, ein anderes Mal müssen es drei gezielte Schrotladungen sein. Während es früher ziemlich egal war, ob drei oder vier Striche bei der eigenen Netzwerkqualität angezeigt werden, ist man nun mit dreien recht deutlich unterlegen.

Die ausufernden Statistiken eines Black Ops wurden größtenteils aus dem Spiel entfernt und in Activisions neues Call of Duty Elite ausgelagert. Das ist eine separate Anwendung, für die man das Spiel verlassen muss! Tolle Weiterentwicklung... nicht! Und seit dem Erscheinen des Spiels vor mehr als einer Woche funktionierte Elite lange Zeit überhaupt nicht! Das eher unintuitive Elite kann man auch jahresweise bezahlen, dann gibt es mehr Funktionen und auch wohl Kartenpakete umsonst; diese Premiumkunden bekamen wegen der Probleme immerhin schon 30 Tage extra (und haben bevorzugten Zugang zum Dienst), aber ich als normaler Käufer des Spiels konnte mein erworbenes Produkt auch nicht in vollem Umfang nutzen. Zumindest nicht so, wie ich es seit Black Ops kenne und erwarte!

Dem Trend des dynamischen Bewegens verweigert sich MW3 übrigens, der (unbeholfene) Hechtsprung aus BO fehlt. Immerhin scheint das Klettern nun etwas flüssiger zu klappen: Bisher war man darauf angewiesen, dass vor einem überwindbaren Hindernis eine Tasteneinblendung erschien, was oft wertvolle Zeit kostete; die Steinblöcke auf der MW2-Karte Quarry waren dahingehend die Hölle. Apropos Maps: Hier wollte Infinity Ward wohl alle Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn die Karten sind insgesamt sehr weitläufig, grundsätzlich komplexer und verschachtelter als jemals zuvor, trotzdem liegen die Flaggenpunkte noch recht nah beieinander. Vielleicht soll Teamplay so gefördert werden, denn alleine wird man nun andauernd in den Rücken geschossen. Noch frustiger wird's durch das Spawn-System, das wohl für schnellere Action sorgen soll und gegnerische Spieler näher zueinander auftauchen lässt - mit der Folge von "Spawn, zwei Meter laufen, tot". Highlight heute: Ich erschieße jemanden, der dann tatsächlich einen Meter neben seiner Leiche und mitten in meinem Visier wiederbelebt wird! Dass man nun nochmals schneller stirbt als in den Vorgängern, tut das übrige.

Noch kurz erwähnen möchte ich das Matchmaking: Bei Black Ops konnte man die Suche nach Spielen in drei Stufen einschränken (weltweit, zuerst Region, nur Region), was gegen das inhärente Lag aber wenig half. Bei MW3 fehlt diese Option natürlich ganz und zuletzt gab es einen arg strikten Regionszwang. Beschriebene Lags kamen trotzdem vor, dafür habe ich niemals zuvor so viele bekloppte deutsche Gamertags gelesen. Immerhin scheint die Spieleraufteilung fairer zu sein, Spieler werden entsprechend der Matchergebnisse auch neu auf die Teams verteilt (das war bei BO irgendwie fast nie der Fall).

Bei Black Ops gab es bekanntlich ein Geldsystem, weshalb mit genügend Schotter auf einen Schlag alle gewünschten Waffenaufsätze freigeschaltet werden konnten. Diese Idee war sicher noch nicht ganz ausgereift, aber kam Gelegenheitsspielern zugute. Aber da in MW3 für die Hardcore-Fanboys auch Quickscoping und Hinlegen beim Schießen drin ist, wurde das Geld gestrichen. Nun heißt es wieder jede Waffe einzeln durch Gebrauch aufleveln - viel Spaß! Wie in Black Ops kann man recht umfangreiche eigene Spielmodi erstellen, die aber weiterhin nur privat sind. Und extravagante Kombinationen wie bspw. "Herrschaft" mit dem neuen, von Crysis 2 inspirierten "Abschuss bestätigt"-Prinzip (Kills zählen nur durch Einsammeln gegnerischer Erkennungsmarken - TDM wie es sein sollte) gehen nicht. Übrigens: Einige aus BO bekannte Modi gibt es bisher nicht bei den öffentlichen MW3-Spielen, aber bei den Privatmatches...

Jetzt habe ich ziemlich viel gemeckert, was darüber hinwegtäuscht, dass Modern Warfare 3 immer noch ein zweifellos gutes Spiel ist. Nur hat Infinity Ward nicht beachtet, dass die Spieler nicht MW2, sondern eben Black Ops zuletzt spielten - und dessen Neuerungen wurden weitestgehend übergangen (ich habe nicht alles beschrieben; zumindest wurde das Extra/Perk "Second Chance" gestrichen). Zeitmangel, Faulheit oder Ignoranz? Es wird sich zeigen, ob einiges noch gepatcht wird, ausgeprägte Post-Launch-Unterstützung wurde immerhin angekündigt. Die gab es auch bei Black Ops, am Lag wurde dort jedoch nichts verbessert. Und eine zentrale Anlaufstelle für Änderungen am Spiel ("Changelog") gibt es bisher nicht, man muss alles aus Twitter fischen. Na ja, um die 25 Stunden wurden trotzdem schon von mir investiert, hauptsächlich "Herrschaft" und "Abschuss bestätigt". Mal schauen, wieviel es noch werden wird...

PS: Im Abspann von MW3 werden übrigens die Mitarbeiter nur noch in einer endlosen Liste ausgeführt ohne Angaben, wer was getan hat...

PPS: Ganz interessant, wie mit dem Spielnamen umgegangen wird. Auf dem Packungsdeckel steht in ungefähr gleich großer Schrift "Call of Duty" und darunter "MW3", auf dem Packungsrücken "Call of Duty Modern Warfare 3" und im Xbox-Dashboard "Modern Warfare 3".

Montag, 7. November 2011

Space Marine ist das bessere Gears of War [Update]

Der dritte Teil von Epics Testosteron-Saga mit seinem 91er Metascore soll Relics Warhammer 40.000-Schlachtplatte samt 76% bei Metacritic unterlegen sein? Unmöglich! Und in der Tat ist obige Aussage natürlich plakativ formuliert, aber in Teilen nicht von der Hand zu weisen.

Gemein ist beiden Titeln, dass sie in einem düsteren Science-Fiction-Universum spielen, ins Genre der Third-Person-Action fallen und die Protagonisten Übermenschen im Kampf gegen feindliche Kreaturen sind. Spielerisch gibt es jedoch einen bedeutsamen Unterschied: Während Gears of War 3 auf einer ausgeklügelten Deckungsmechanik fußt, mit der sich die Spielfigur auf Knopfdruck hinter Mauern verstecken und bewegen kann, fehlt derartiges bei Space Marine komplett. Dafür ist der Nahkampf mit einigen einfachen Kombinationsangriffen wesentlich wichtiger, zumal die Lebensenergie sich nur regeneriert, wenn Gegner im Scharmützel "exekutiert" werden.

Space Marine ist also kein Klon, fischt aber im selben Becken - auch zeitlich, denn Relics Titel erschien Anfang September und damit zwei Wochen vor Gears of War 3. Wenn man nun die Spiele tiefergehend gegenüberstellt, sieht es erst einmal nicht allzu gut für Space Marine aus: Dessen Grafik kann nicht ansatzweise mit der detailverliebten Gears-Optik mithalten, Zwischensequenzen sind oft bieder inszeniert oder fehlen ganz. Die Vielfalt der Gegner ist bescheiden und beschränkt sich auf Humanoide. Die recht kurze Kampagne lässt sich nur alleine spielen, an Mehrspielermodi gibt es einzig drei, wovon das Äquivalent zum Gears'schen "Horde"-Modus sogar erst vor einigen Tagen als kostenloser DLC nachgeliefert wurde.

Und wieso soll Space Marine nun besser sein? Dazu muss ich vorher eingestehen, dass ich die Warhammer 40.000-Welt einigermaßen kenne und das Tabletop in den 90ern eine (kostenintensive) Zeit lang spielte. Als "Fanboy" würde ich mich deshalb nicht bezeichnen, finde jedoch, dass das Universum grundsätzlich sehr interessant und einzigartig ist. Der krude, dystopische Mix aus Fantasy-Völkern im Weltraum, Militarismus, Nazi Chic, Religion, Personenkult, Steampunk, Gigantomie, Gothik und Splatterhorror diente StarCraft und sicher auch in Maßen Gears of War als Vorbild, wurde dort aber verwässert.

Space Marine wird dem Motto "In the grim darkness of the far future, there is only war" nun weitgehend gerecht (passende Erfahrungen sammelte Relic mit der Dawn of War-Strategiereihe): Jedes Bauwerk gleicht einer Kathedrale, selbst wenn es nur eine Fabrik ist - der Handlungsort des Spiels ist gleich ein ganzer Fabrikplanet. Obskure Namen und Bezeichnungen werden ohne große Erklärungen benutzt, ein Nachschlagewerk für die in über 20 Jahren gewachsene Spielwelt existiert hier nicht. Überall finden sich Totenschädelverzierungen, Ehrenbanner hängen an Kanonenrohren und Pergamentrollen liegen auf Schaltpulten. Und es herrscht Krieg. Zwar verzeichnet die Grafik wie erwähnt Einschnitte bei Details und Texturen, aber für zerstörte Städte reicht es allemal. Und für fantastisch modellierte Marines und mehrere Dutzend Gegner gleichzeitig auf dem Bildschirm ohne Ruckler. Hier glänzt nun schlussendlich Space Marine - im Kampf! Der Wechsel zwischen Schusswaffen und Nahkampf ist absolut flüssig und die Wucht und Dynamik im Scharmützel brillant. Man stürzt sich als schwergepanzerter Superkrieger in die feindlichen Horden, lässt blutig sein Kettenschwert kreisen und spürt fast, wie die Waffe den Gegner zerlegt. Dann heißt es aber schnell wieder Rückzug, um die feindliche Verstärkung mit mächtigen Bolterschüssen zu dezimieren, ein paar entfernte Scharfschützen mit der Laserkanone zu verdampfen und dann mit einer Rammattacke wieder in den nächsten Feind! Aber immer mit Bedacht, denn schon beim normalen Schwierigkeitsgrad warnt die UK-Anleitung: "You will die occasionally."

Ja, mehr passiert im Spiel eigentlich nicht und eine gewisse Eintönigkeit muss man Space Marine vorwerfen. Jedoch darf dies nicht mit Kritik an der Spielmechanik selbst verwechselt werden. Space Marine kann man wohl als "Old School" bezeichnen, weil es ungewohnt reduziert ist: Es blendet nicht mit zig verschiedenen Feinden, fantastischer Präsentation oder mannigfaltigen Schauplätzen. Damit will ich nicht sagen, dass Gears of War 3 dies tut, denn auch dort ist das Spielprinzip absolut robust. Doch ist es hin- und hergerissen zwischen dem Anspruch taktischer Stellungskämpfe und brachialer Action, schließlich liegt Space Marine bei letzterem am Ende still und heimlich vorne.

Deutlicher mag dies noch bei den Mehrspielermodi gegen andere Spieler werden. Gears of War 3 verheddert sich hier meiner Meinung nach im just beschriebenen Widerstreit, da Deckungsgefechte aufgrund überstarker Schrotflinten bzw. zu schwacher sonstiger Waffen oft durch schlichte Sturmangriffe untergraben werden. Space Marine ist hier bodenständiger und damit funktionaler, übrigens auch wieder Old School: Die nur fünf Kampfareale für 16 Spieler erinnern stark an zweckmäßige FPS-Karten aus den 90ern, ausufernde Statistiken gibt es nicht. Sich regenerierende Lebensenergie kommt hier im Gegensatz zur Einzelspielerkampagne dann doch wieder zum Einsatz. Ich muss aber zugeben, in beiden Spielen noch keine Langzeiterfahrung zu haben.

Ebenso muss eingestanden werden, dass ich die Kampagnen aller Gears of War-Teile "nur" zusammen mit Freunden gespielt habe, nicht alleine. So war der Story-Modus natürlich insgesamt unterhaltsamer als der von Space Marine. Was auch daran liegen könnte, dass Space Marine - leider - nur einen Bruchteil des möglichen Hintergrundmaterials benutzt. Ich habe den Eindruck, dass Publisher THQ nicht allzu viel Geld locker machen wollte und dann auch noch auf dem Erscheinen vor Gears of War 3 bestand. Dass deshalb Spielumfang und Verkaufszahlen nicht überragend sind, ist wenig überraschend und lässt momentan einen zweiten Teil wenig wahrscheinlich sein. Schade!

Wie auch immer: Space Marine ist eine Empfehlung und zum Budgetpreis ein Kaufbefehl, weil es vertraut und doch anders ist.

PS: Dinge, die ich im Spiel schmerzlich vermisste: Kooperative Kampagne, weitere Völker oder zumindest mehr Einheiten der auftretenden Parteien, Fahrzeuge, abwechslungsreichere Orte oder zumindest Innenräume, asymmetrische Rassen im Multiplayer (z.B. Orks gegen Space Marines), der Vorlage entsprechend abgründigere Motive (z.B. Servitoren zeigen und nicht nur erwähnen).

Update: Kaum habe ich diesen Text geschrieben, ist bei meinen anschließenden Space Marine-Matches zweimal die Konsole eingefroren und zudem war die Verbindungsqualität bei mir dann oft schlecht (immerhin existiert im Gegensatz zu Gears eine entsprechende Anzeige). Man findet zwar jederzeit einige laufende Spiele (ohne zu erfahren, wie viele Spieler insgesamt online sind), aber der Netzcode bzw. das Match-/Hostmaking ist leider wechselhaft - sicher aufgrund geringer Spielerzahlen. Nicht verschweigen möchte ich dann noch die langen Ladezeiten bei neuen Karten und Betreten des umfangreichen Charaktereditors.

Warhammer 40.000: Space Marine (PC/360/PS3)
THQ/Relic 2011 | MobyGames | OGDb
Director: Raphael van Lierop
Producer: Andy Lang, Chad McFarlin u.a.

Sonntag, 30. Oktober 2011

Venetica

Venetica ist ein sympathisches, überwiegend schönes und gut spielbares Action-Adventure aus Deutschland irgendwo zwischen Fable und Zelda. Dank vieler Nebenquests habe ich 25 Stunden in der phantastischen Interpretation des alten Venedigs verbracht, paradoxerweise kann es jedoch umfänglich eigentlich nicht mit vorgenannten Titeln mithalten. Der Budgetunterschied zu internationalen Produktionen ist jederzeit bemerkbar, trotzdem ist es eindrucksvoll, was das recht kleine Team von Deck 13 (Ankh) auf die Beine gestellt hat. Ausführliche Eindrücke habe ich mehrfach im Forum von YiYa.de niedergeschrieben (als "DocTriv").

Venetica (PC/360)
Dtp/Deck13 2009/2010 | MobyGames | OGDb
Director: Jan Klose
Producer: Achim Heidelauf

Sonntag, 23. Oktober 2011

Ein Brief Deiner Tochter

Da ich meine Notizen zum erzählerisch faszinierenden Action-Adventure Nier wohl nicht so bald zu einem Text und damit zur Forsetzung dieses Artikels formen werde, hier ein Brief, der an die herumreisende Spielerfigur geschickt wird.
«Lieber Papa,

ich hoffe, du bist wohlauf. Mir geht es gut hier, obwohl ich mich manchmal etwas einsam fühle. Aber wenn das passiert, schaue ich einfach in den Himmel und frage mich, ob er bei dir wohl die gleiche Farbe hat. Dann geht es mir in der Regel besser.

Erkälte dich nicht, okay?

Yonah»

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