Das freut
Spiegel Online bestimmt: Christian Schmidts dortige Generalabrechnung "
Mehr Geist bitte, liebe Games-Tester" mit dem deutschen Spielejournalismus vom 6.9.11 erzeugt massiv Wind im einschlägigen virtuellen Blätterwald. Die
Langfassung wurde auf dem Privatblog von Gunnar Lott - wie Schmidt Ex-
GameStar - veröffentlicht, inklusive erhellender Nachworte von seiner Seite sowie vieler Kommentare (z.B.
SpielerZwei und
Jeff Kelly, letzterer
auch in Lotts eigener
Nachlese vom Do., in der er eine "konstruktive Fortführung der Debatte" vermisst). In dieser erweiterten bzw. ungekürzten Version wird zudem Schmidts Breitseite gegen Jörg Langers
GamersGlobal sowie natürlich
GameStar unübersehbar. Nur folgerichtig, dass Mick Schnelle nach kurzem
Statement, der wieder einmal das tiefe
Zerwürfnis von Schnelle und Lott verdeutlicht, sich eben bei
GamersGlobal in einem wütenden
offenen Brief gegen Christian Schmidt wendet. Jörg Langer selbst meldet sich in den dortigen Kommentaren und ist "
ca. 90% auf Micks Seite". Er bleibt aber nüchtern, obschon er Schmidts "erster Chefredakteur" war und laut diesem das Falsche gelehrt habe.
Weitere Reaktionen (
Updates):
AreaGames widerspricht, während
consolPLUS-Chefredakteur Alexander Amon sich wie viele andere auf Twitter zum Thema
auslässt. In Weblogs und Podcasts wurde sich auch schon geäußert, überwiegend zustimmend:
Volker Bonacker,
Dennis Kogel,
Breakfast@manuspielt's,
These Nerds (dort auch mehr von mir) und
weitere.
End of level boss geht mit Schmidt zwar d'accord,
schießt aber auch gegen ihn und natürlich die Branche.
Magaziniac findet Schmidts Text "
schräg" und kommentiert einiges kritisch. Roland Austinats für "spätestens Freitag"
angekündigter Beitrag fehlt immer noch (Tonfall wohl
so).
Außerdem: Ex-
PC PowerPlayer
David Bergmann ausgewogen mehrfach auf Twitter, Ex-GS-
Praktikantin Pia Steen kritisch (inkl. Erwiderung von
Daniel Matschijewsky und versöhnlicher mittlerweile auch
Heiko Klinge plus Mick Schnelle) sowie
andere. Ahmet Iscitürk (und Simon Fistrich) ist's
egal, Heinrich Lenhardt sieht eine "
durchaus lesenswerte 'Abrechnung'".
Jörg Luibl schweigt. Von
GameStar melden sich noch
Fabian Siegismund,
Heiko Klinge und
Rene Heuser, auch auf
Facebook. Michael Orth formally known as Mikkl Galuschka "
muss Christian völlig recht geben" - bei
These Nerds. Dort mittlerweile
mehr von Rene Heuser. Zustimmung auch bei
Polygamia, abwägender dagegen
PhanZero und
andere, allgemeinere Überlegungen bei
Valentina Hirsch. Felix Kothe hatte sich auch
zeitnah mehrfach (bei Petra Fröhlich)
gemeldet. Das
TITEL-Kulturmagazin bringt Anfang Oktober eine umfangreiche
Rückschau zur (versandeten?) Debatte. Chris von
Polyneux beschreibt Ende Oktober Zustand und Chancen des New Games Journalism in Deutschland.
Die Antworten im Detail zu analysieren dürfte ebenso müßig [und mittlerweile zeitraubend] sein wie Christian Schmidts ursprünglichen Aufsatz. Trotzdem ist es natürlich interessant, wer wie reagiert. Beispielsweise ist die
consol-Crew überaus sympathisch, aber der Schreibstil in den Heften sicher nicht der Weisheit letzter Schluss (generell würde mich Michael Furtenbachs Meinung zum Thema interessieren, da er im
Podcast immer gute Analysen bringt). Und Ausdruck kritisiert Schmidt unter anderem. Der bekannte Einwand, dass sich anspruchsvollere Texte über Spiele in Deutschland nicht allzu gut verkaufen lassen (
GEE...), dürfte dabei zwar stimmen, geht aber am Problem vorbei. Petra Fröhlich von
PC Games nimmt daher in ihrer Antwort - ebenfalls auf
SpOn ("Debatte über Game-Tests") - Spiele an sich in den Fokus:
"
Nicht die Kritiken sind platt, aber viele Spiele". Sicher ebenfalls korrekt - zumindest letzteres -, jedoch ist es ein Unterschied, Spiele geistvoll zu interpretieren oder schlicht gut über sie zu schreiben. An diesem Punkt schießt Christian Schmidt meiner Meinung nach über das Ziel hinaus: Nicht nur ist seine Kritik am um sich greifenden "Laientum" in der Branche und an dem Niveau deutscher Spielekritiker arg hart formuliert, auch scheint er die vorherrschende Testpraxis komplett zu verdammen. Dabei sind detaillierteste Sezierungen von Spielen zulässig, sofern sie nicht in
GameStar'scher Wertungsmathematik münden. Gleichzeitig wäre mehr
New Games Journalism jenseits von Blogs hierzulande absolut wünschenswert. Ein Irrweg ist - und darauf destilliere ich Schmidts Kritik - die Vorgehensweise in den Printmagazinen: "Typisch deutsche" Detailbeschreibungen werden schablonenhaft eingedampft, wodurch das Ergebnis niemanden richtig zufriedenstellt, weil es schlicht unvollständig und lückenhaft erscheint. Dass wirtschaftliche Zwänge wie Platzmangel dafür mitverantwortlich sind, bleibt unbestritten.
Schlussendlich ist die geäußerte Kritik natürlich nicht neu; Boris Schneider-Johne
formulierte sie zum Beispiel Ende 2009. BSJ ist ein Urgestein der deutschen Spielejournalisten, wechselte bereits vor Jahren die Seiten. Dies und seine Reviewkritik hat das Verhältnis zu anderen "
Spieleveteranen" offensichtlich nicht gestört. Ob Christian Schmidt ebenso heil aus der Sache herauskommen wird, darf bezweifelt werden, aber vielleicht legt er darauf keinen Wert. Zumindest hat auch er einen
Retro-Podcast gestartet - zusammen mit Gunnar Lott. Und Schmidt wird schon wissen, dass er jahrelang bei
GameStar etwas zu sagen hatte, dort jedoch nichts veränderte, den Kurs der Zeitschrift zudem offen verteidigte (trotzdem erschien er mir zuletzt erfrischend abgeklärt, vielleicht schlicht desillusioniert). Diese Makel schmälern den Kern seiner Kritik aber nicht.
PS: Neben vielen, vielen Kommentaren in manchen der oben verlinkten Artikel gibt es zusätzliche Diskussionen z.B. im
GameStar- und
Man!ac-Forum.
PPS: Bezeichnendes
Bild auf GameStar.de :-).